Lieder von Wladimir Wyssozki aus dem Programm von E. Maaß

Übersetzungen E. Maaß


Hundekalt, Hundekalt

Hundekalt, Hundekalt
Aus dem fellwarmen Nest
Lockt uns anderer Städte Asphalt
Lockt in Minsk, lockt in Brest
Hundekalt, Hundekalt

Sonderbar, sonderbar
Von den Dorfpappeln fort
Ziehts an Orte uns rau, hart, polar
Als wärs fröhlicher dort
Sonderbar, sonderbar

Wie das Heim uns auch hegt
Es gibt niemals genug
Neue Freunde und Neues zu sehn
Wie: mit uns geht nichts gut
Wie: mit denen wärs schön

Trifft uns Gram oder Glück
Am entferntesten Ort
Kehren wir dann nach Hause zurück:
Unser Stern – er ist fort
Weder hier, weder dort


Brüdergräber*
*russisch für Massengrab

Keine Kreuze schmücken das Brüdergrab
Keine Witwen schreien und jammern
An ihm legen fremde Blumen ab
Und es leuchtet die ewige Flamme

Hier hat sich die Erde aufgebäumt
Heute – granitene Stelen
Hier gibt’s kein persönliches Schicksal, mein Freund
Hier sind alle in eines zu zählen

In der ewigen Flamme: ein brennender Tank
Die brennenden russischen Katen
In Flammen Smolensk, der Reichstag in Brand
Das brennende Herz des Soldaten

Keine weinenden Witwen am Brüdergrab
Heut sind sie wohl weniger weichlich
Keine Kreuze schmücken das Brüdergrab
Als wär davon jemandem leichter


Lied über die Erde

Wer sagt, alles Asche und Schrott
Legt die Saat in die Erde nicht weiter
Wer sagt, diese Erde sei tot
Nein – sie duckt sich in finsteren Zeiten

Ihr Mutterschoß ist wie das Meer
Ihr Mutterschoß lässt sich nicht morden
Wer sagt, dass sie ausgebrannt wär
Nein – von Schmerz ist sie schwarz geworden

Bombentrichter, in Städte gehackt
Schützengräben die Erde zerschneiden
Die Nerven der Erde sind nackt
Sie kennen lebendige Leiden

Sie verträgt was, Geduld ihr gelingt
Dass ein Krüppel sie sei – eine Lüge!
Wer sagt, dass die Erde nicht singt
Dass auf ewig sie schwiege, sie schwiege

Nein! Sie klingt, übertönt das Gestöhn
Und all ihre Wunden sind Kehlen
Unsere Seele - die Erde, ihr könnt
Nicht mit Stiefeln zertreten die Seele


Störche*
*Im Russischen Symbol für Frieden

Dieser leuchtende Tag –
Blau und klar
Doch ein Panzer voll Arg
Kreuzt in starr
Unsre Erde – vom Lärm
Abgestumpft
Und die Bäume voll Teer
Trauern dumpf
Rauch und Asche ziehn
Wie Kreuze hin
Und die Störche von hier
Weit weg fliehn


Bernsteinfarbene Ähren
Zu spät, zu spät
Unsre Hände bleiben leer
Umsonst gesät
Doch was leuchtet dort, neckt
Bernsteingelb
Eine Feuersbrunst leckt
Nach dem Feld
Alle fliehen den Ort
Alle gehen
Alle Singvögel – fort
Nur noch Krähn


Alle Bäume in Staub –
Herbstbeginn
Hat man Liedern geglaubt? -
Widersinn!
Keine Liebe für uns
Lass nur, lass
Ist den nötig zur Stund
Hass, nur Hass?
Rauch und Asche ziehn
Wie Kreuze hin
Und die Störche von hier


Mit den Wipfeln wie stets
Rauscht der Wald
Doch von Wiesen und Seen
Stöhnen schallt
Ohne Wunder kein Klang
Wie vorm Krieg
Und der Wald in Gesang
Nie mehr liegt
Diesen Ort alle fliehn
Nach Ost und Nord
Alle Singvögel ziehn
Die Störche – fort!


Diese Luft hat bewahrt
Jeden Ton
Doch jetzt droht ihr Gefahr -
Explosion
Das Gezuckel von Hufen
Niemand hört
Sollte irgendwer rufen
Keinen stört’s
Diesen Ort alle fliehn
Nach Ost und Nord
Alle Singvögel ziehn
Die Störche – fort!